Gypsy oder der Zigeunerbaron

Das von der Bürgermeisterin von Hirsova (250 km) gesponserte Abendessen ist zuende. Unser Paddelkollege aus Rumänien, bietet einen Spaziergang, vorbei am Laden, dem Bankomat zur prächtigen, goldgekrönten Kirche an.

Mit ca. 10 Paddlern geht’s also los. Die Kirche ist eher nicht der Bringer, zumal das Dach nicht leuchtet, sondern in der Dunkelheit schwarz ist. Auch ist die Kirche geschlossen und die vermeintlich prächtige Innenausstattung ist nicht zugänglich. Die Innenbilder stammen aus einer viel kleineren Kirche vom Mittag. 

Wir befinden uns nun aber mitten im Zigeuner Viertel der Stadt. Unser Guide weist auf die Häuser der reichen Zigeuner hin, die mit ihren Arkaden wie Paläste wirken. Gleich daneben halb zerfallene Hütten der weniger Reichen und nun auch viele Kinder, aber auch Alte, für die wir die Attraktion zu sein scheinen und die uns in Horden folgen. Das Gehabe ist durchaus nicht ohne Aggressivität und auch sprachlich läßt der Ton vermuten, dass besonders die kleinen Kecken sich mit Schmähungen hervortun. Gleichzeitig wird gebettelt und geschnorrt. Die Fahrtenleitung hatte ja darauf hingewiesen, dass Vorsicht geboten sei, auch wenn in Jahren bisher nix passiert sei. Dennoch sind wir froh als die Horde das Interesse an uns verliert und wir die restliche Strecke unbehelligt übers Feld zum Donaustrand zu unseren Zelten gehen können. 

In der Nacht patrouilliert die Polizei durch unser Camp. Eine Polizistin unter den Paddlern, sagt, die Paläste sein durch Organisierte Kriminalität im Westen der EU finanziert. 

Man findet im Internet einige Information über Roma ohne Papiere und damit ohne Ansprüche in Rumänien. Es ist die Rede von Armut und Chancenlosigkeit.

Auch das nächste Camp Stancuta (220 km) wird noch im Romagebiet liegen. 

Paddeln wie Hedley

Unsere neuen Hüte, die uns meine Kollegen mittels Globetrottergutschein gesponsert haben, besitzen auf beiden Seiten einen Druckknopf, mit dem die Hutkrempe seitlich hochgeklappt werden kann?!

Für mich war das bis gestern unnötiger Firlefanz, ohne wirkliche Funktion. Hinzu kommt, dass niemand wirklich so dämlich aussehen will wie der District Officer Hedley aus der 60er Jahre Fernsehserie Daktari, der vermutlich nie gepaddelt hat. 

Bei Windgeschwindigkeiten wie gestern bleiben unsere Hüte mit der vollen Krempe allerdings nicht auf dem Kopf, sondern schweben, gehalten vom Kinnriemen, der am Adamsapfel klebt frei über demselben, was noch dämlicher aussieht 😉

Wir sind in Seimeni bei 292 km und hoffen morgen auf einen windfreien Tag😉

Die Donau ist hier wieder schmal geworden!? Wie geht das ganze Wasser einer weiten bulgarischen Donau in ein schmales rumänisches Donaubett? Ganz dreifach – die Donau fließt hier in mehreren Armen. 

Hedley
Peter&Jutta

Crossing the border

Wie hart ein Grenzübertritt sein kann, wissen wir zwar aus grauer Vorzeit. Wie mühsam das Prozedere sein kann, haben wir aber irgendwie verdrängt. Dabei geht’s nur von einem EU Land, Bulgarien zum anderen, Rumänien. Beide haben Schengen nur teilweise umgesetzt. In unserem Fall bedeutet das, Warten von 7 – 11:30, bei einer sonnig-, windigen Tagesstrecke von 45 km. Der Wecker ging um 5, da die Mißinformation von 7:00 Abfahrtbereitschaft sprach. Ankunft nach einem Tag mit konstant Gegenwind und Schaumkämmen auf dem Wasser 18:30. Das waren anstrengende 7h! Nicht alle haben es ins Camp geschafft. Hoffentlich haben die, die draußen geblieben sind, alle einen sicheren Platz gefunden und genug Verpflegung im Boot! 

Vermutlich ist der Grenzübertritt aber verglichen mit dem, zu einem nicht EU Land, z. B. zukünftig England, immer noch ein Spaziergang 😂

Power napping bei der border police.

Pelikanjagd vor Tutrakan

Schon einige Tage berichten Kameraden von der Sichtung von Pelikane und zeigen auf ihren Handys Bildbeweise. Unsere erste Sichtung liegt nun auch schon 3-4 Tage zurück, ging aber zu schnell für eine Aufnahme. Trotz verstärkter Anstrengungen blieb der Pelikanjägerin, mit dem besten Fotoequipment der ganzen Tourmannschaft das erhoffte Bild verwehrt. Selbst die Suche hinter der Insel in ruhigem Wasser brachte nix. Prompt saßen die Viecher im Hauptkanal und wieder hatten alle außer uns Millionen Aufnahmen 🙁 Das Lob was die Pelikanjägerin vom biologischen Berater  für den Löffler und Fisch Reiher erhielt, linderte die unerfüllten Erwartungen nicht wirklich. 

Schließlich war das Jagdglück dann aber doch auf Juttas Seite. Nach einem langen, anstrengenden Tag, kurz vor unserem Etappenziel Tutrakan, erspähen wir die großen Vögel zusammen mit einer Großzahl Kormoranen, auf einer Sandbank unmittelbar neben dem Haupfahrwasser sitzend. Die Jagd dauert mindestens 1/2 h und kostet bestimmt die Hälfte der neuen 64 Gigabyte Speicherkarte. Die Pelikanjägerin wird an diesem Abend mehrfach ihre Trophäen zeigen und dabei Freudentänze aufführen. 

Den Frosch hat sie übrigens nicht geküsst – glücklicherweise 😎

Russe (500 km)

Russe ist mit 144 Tausend Einwohnern die größte Stadt in Bulgarien, die wir berühren. Nach all den Minidörfchen, sollte die Station mit ihrem Ruhetag daher eine willkommene Abwechselung für den TID-Tross, der etliche lange, anstrengende Tage hinter sich hat, sein. Schade, dass sich der Platz als völlig ungeeignet entpuppt. Die Dusche ist 2 km entfernt in einem stillgelegten Hotel. Noch schlimmer ist der Mangel an Trink- und Brauchwasser, da vielen der Wasservorrat ausgegangen ist und Ruhetage auch gerne zum Waschen genutzt werden. Letztlich ist der Platz aber dennoch akzeptabel, da es einen mobilen Kiosk gibt, der Bier verkauft 😉

Wir nutzen die unverhoffte Freizeit zum ausgedehnten Stadtbummel im 6 km entfernten Ort inklusive Frühstück, Einkauf und Eiskauf 😉 Die Eisdielen stehen denen in italienischen Urlaubsorten in nix nach, außer im Preis😎

Wir haben nur noch 500 km bis zum Schwarzen Meer 🙁

500 left

Reif für die Insel

In Niko(po)l sollte man meinen, dass es uns gefallen sollte. Die Abenteurerin gibt aber im Kajak nur optimalen Vorschub, wenn sie ausgeschlafen ist. Nikopol ist laut der TID Experten die Partymeile mit Gigawatt Beschallung von rumänischer und bulgarischer Seite bis in die frühen Morgenstunden. 

Wir flüchten daher vom TID Tross und schließen uns einer bulgarischen Gruppe an, die eine Nacht auf der Sandbank macht. 

Vidin

Wir sind mit Vidin zwischenzeitlich in der ersten großen bulgarischen Stadt angekommen.

Jutta hat zuvor im letzten serbischen Camp unsere serbische Flagge an einen Pfadfinderstamm verschenkt. Das ging allerdings nicht einfach so, sondern nur mit einem kleinen Vortrag, warum wir hier sind, wohin es geht und warum wir eine serbische Flagge verschenken wollen. Die Abenteurerin hat das alles, inklusive Rückfragen, vorzüglich in englischer Sprache gemeistert! Jedenfalls war es so gut, dass sie nun Ehrenmitglied des Stammes ist 😉

Wiedermal hat man an der Grenze das Landschaftsbild für uns geändert, damit auch wir registrieren, aha ein neues Land hat begonnen 😉 Alles ist ganz flach und die Donau dafür breit geworden. Es ist ein Gefühl, eher wie auf einem See. Am bulgarischen Ufer stehen Bäume, während am rumänischen Ufer eine eigenartige Wiesenlandschaft Erinnerungen an die Pappmachelandschaft meiner Märklineisenbahn aus Kindertagen weckt. Selbst die vereinzelt stehenden Bäume, wirken wie die Faller-Plastikbäume, die man vor dem Einsatz auf dem Modellbahnbrett zunächst selbst braun/grün anmalen mußte. 

Natürlich gab es zur Wiedereinreise in die EU wieder Passformalitäten🙄 Zurück in der EU können wir dennoch nicht innerhalb der EU täglich die Grenze zwischen Bulgarien (Rechts) und Rumänien (Links) überschreiten, da beide Staaten Schengen nur teilweise umsetzen. Bislang waren viele nette Sandstränden und Einkehrmöglichkeiten eher auf der linken Seite. Es war auch in Serbien schon so, dass die rumänische Seite den attraktiveren Eindruck machte, was man ja zunächst nicht erwarten würde. 

Vidin ist in diesem Jahr mit seiner Festung die Mottostadt der Tour, wie wir erfahren und was sich zum Beispiel darin äußert, daß die Burg auf dem diesjährigen Tour T-Shirt abgebildet ist. Die bulgarische Tour Leitung betont wie außerordentlich wichtig die Unterstützung der Tour durch den Bürgermeister von Vidin ist, ohne dass uns transparent wird worin diese besteht. Einen Zeltplatz und eine warme Suppe haben wir auch schon von anderen Gemeinden erhalten. Hier kommt ein Empfang in besagter Burg mit Konzertquartett und eine Stadtführung hinzu. Bei dieser erfahren wir von Projekten, die nur mit EU Unterstützung möglich sind, wie der Erneuerung der Straßenoberflächen und der Sanierung und Umwandlung der alten zerfallenen Synagoge in ein Museum. Das klingt mal nach vernünftigem Einsatz von EU-Geldern – oder ;-? 

Nach Passieren der letzten Schleuse Djerdap II, durch deren Rückstau die Donau schon hunderte Km vorher quasi in stehendes Gewässer verwandelt wird, fließt sie nun wieder und wir stecken die langen 40-50km langen Strecken wieder besser weg. Dennoch summieren sich die Strapazen bei den heißen Temperaturen und so haben wir einen weiteren Schwarzmeerfahrer, der aufgegeben hat. Unsere Wehwehchen halten sich bisher zum Glück in Grenzen und die Stimmung ist angesichts des freundlichen Wetters und der ebensolchen  Preise (1€ = 2 Lew) gut. Die Abende sind etwa so wie eine Party Sonntags, mit dem Bewußtsein, dass man am Montag früh fit sein muß 😎

Kladovo

Es war nach Kilometern heute zwar nur eine kurze Strecke (23 km) , die es aber wegen der langen Wartezeit in der Schleuse Djerba in sich hatte. Die gut Vorbereiteten hatten Schirme dabei, um für adequaten Schatten zu sorgen. Vor der Schleuse lagen nur ca. 14 km Strecke (2h Fahrzeit) und alle, wie auch wir, waren viel zu früh vor der Schleuse angekommen. Wir haben die 3/4 h zum Fotografieren verwendet, wie könnte es auch anders sein 😉 Dabei sind wir in einem großen Bogen zur rumänischen Seite hinüber gefahren, um beide Schleusen (serbische rechts und rumänische links) auf ein Foto zu bannen.

Mit dem restlichen Zeitpuffer haben wir eine Stehpause am Ufer eingelegt und ein zweites Frühstück (wie die Hobbits) zelebriert. Dabei haben wir den Plastiksee entdeckt und uns an den World Cleanup Day vom letzten Jahr erinnert, bei dem wir wirklich einige Mühe hatten auf den Biebricher Rheinwiesen zwei Müllsäcke mit Plastikmüll zu sammeln. Hier wäre das nur eine Frage von Minutenbruchteilen gewesen 😉 Wer nun denkt, das sei weit weg von Deutschland, irrt. Auch in der deutschen Flußlandschaft findet sich genügend Plastikmüll, der es nicht über das Duale System in den regulären Kreislauf zurückgefunden hat. 

Djerba ist eine Doppelkammerschleuse, die es erlaubt in 90 Minuten ein Gefälle von zwei mal 15 m, also zusammen 30 m zu überwinden.

Dahinter verläuft die Donau wieder, im Gegensatz zum malerischen, engen Bett der letzten Tage, in einer weiten Flußlandschaft, die im Verhältnis zu den ernormen Wassermenge des Flusses steht.

Bei der Ausfahrt aus der zweiten Schleusenkammer entwickelt sich ein wildes Battle über die verbleibenden 8 km zum nächsten Camp in der Festung von Klatovo. Jeder möchte früh ankommen, um noch einen schattigen Platz zu ergattern für den Ruhetag morgen.

Die unendliche Geschichte (erster Teil) …

…, bzw. eigentlich ja Reise, aber durch den Blog mit Fug und Recht auch Geschichte – oder ;-?

Beim Runterblättern der TID – Stationsliste habe ich letztens eine halb volle Seite erhalten. Das gab es bisher nicht. Die Seiten waren immer vollständig gefüllt. Als Softwerker weiß ich natürlich, daß das auch am Server gelegen haben kann, der nicht schnell genug nachgeladen hat. Trotzdem macht mich das stutzig. 

Hinzu kommt, daß uns scheinbar die Flußkilometer ausgehen. Seit vorgestern fehlt uns ein Digit. 

Ich hab Jutta noch nix davon gesagt, aber bin mir nun nicht mehr ganz so sicher, ob die Geschichte (Reise) wirklich unendlich lang dauern wird. 

Wir werden das mal im Blick behalten und ggf. berichten. 

Tanz der Vampire

Die Strecke nach Dobra führt durch das Ljubcova-Becken, an dem die Transilvanischen Alpen auslaufen. Landschaftlich ist das bisher der absolut schönste Teil Serbiens.

Vampire kommen nicht von der rumänischen Seite zu uns nach Serbien, da die Passformalitäten bekanntermaßen ja nur tagsüber abgewickelt werden. Wir werden sicherheitshalber aber dennoch ein Abendgericht mit viel Knobi ordern 😉 

Später in der Dorfkneipe, meint Jutta, einige Dörfler sähen doch wie Vampire aus. Mich erinnern die Gestalten, angesichts der fehlenden Eckzähne oder überhaupt der vielen Zahnlücken, eher an Zombies. Jedenfalls tanzen noch später alle zum Vortrag der Kneipenband.